Tommy Casagrande
2005-03-31 13:01:06 UTC
Die moderne Leugnung der menschlichen Natur...
In unserer Gesellschaft existiert leider, weit verbreiteter als es gut
wäre, die Vorstellung, Menschen wären unbeschriebene leere Blätter,
auf die man beliebige Worte schreiben könne. Doch die Wissenschaft,
allen voran Steven Pinker, dessen Buch ich gerade lese, hat bewiesen,
dass überwiegend, nicht hauptsächlich, die individuelle Genetik dafür
verantwortlich ist, wie sich ein Mensch entwickelt, ob er
unmoralischer ist, ob er gläubig ist oder nicht. Einfach alles. Ich
kann dieses Buch nur jedem empfehlen, denn die menschliche Natur wird
in unserer heutigen Zeit gerne geleugnet obgleich sich manch einer
denken mag, dass doch wohl jeder wissen sollte, dass Umwelt und Natur
eine Korrelation eingehen. Leider jedoch überwiegt in Denkweisen und
Diskussionen trotzdessen man vorgibt, man würde beides
berücksichtigen, die extreme Position, im Grunde ist nur die Umwelt
dafür verantworltich wie wir sind und nicht unsere Gene. Und das ist
nicht wahr. Buchtipp: Steven Pinker - Das unbeschriebene Blatt. Die
moderne Leugnung der menschlichen Natur. Die Politik versucht uns
gleichzustampfen, weil sie von einem falschen Menschenbild ausgeht,
wir wären alle gleich und somit gleich beliebig formbar. Dieses
falsche Menschenbild führt zu falscher Politik. Steven Pinker ist der
Star unter den kognitiven Neurowissenschaftlern und ist Leiter im
Center for cognitive Neuroscience am Massachusetts Institute for
Technology. Das Buch ist brandneu und ein Bestseller bei dem man nur
klüger werden kann. Ich kann dieses Buch nur jedem empfehlen, der sich
für die wahre Natur des Menschen interessiert.
Hierzu habe ich einen Artikel aus der Zeitung: Die Welt >
http://www.welt.de/data/2004/01/03/217151.html?s=1
Oder aber auch so:
Artikel v. 03.01.2004 | Rubrik: Literarische Welt/Sachbücher
Da sind ganz furchtbar viel Gene drin
Steven Pinker leugnet die Leugnung der menschlichen Natur
von Wolfgang Schneider
Erbe oder Umwelt? Der alte Streit zwischen Biologisten und
Kulturalisten geht in die nächste Runde. Und was für eine Runde - 700
Seiten stark, ein Gefecht, in dem die Argumente-Kanonen donnern und
der Pulverdampf der Debattenkultur schwer über der Landschaft liegt.
Bald schon scheint der Sieg errungen, aber der Beschuss geht
unaufhörlich weiter, denn der Feind hat bisher noch alle Niederlagen
überstanden und seine Truppen immer wieder neu formiert. Diesmal aber
soll endgültig Schluss sein mit der "modernen Leugnung der
menschlichen Natur".
An der Kanone: Steven Pinker, Leiter des Zentrums für kognitive
Neurowissenschaften am Massachusetts Institute of Technology, nebenbei
ein brillanter Populärwissenschaftler. Das Angeborene ist Pinkers
Sache. Nichts erscheint ihm absurder als die Annahme, der menschliche
Geist könnte ein unbeschriebenes Blatt sein. Aber leider musste er
feststellen, dass ein großer Teil der akademischen Menschheit genau
diesem Glauben anhängt. Den englischen Aufklärungsphilosophen John
Locke macht Pinker als Stammvater der Irrlehre aus. Nichts ist im
Verstand, was nicht durch die Sinne, also die Erfahrung, dorthin kam -
mit diesem Diktum habe Locke einst den Empirismus vorangebracht, heute
behindere es den wissenschaftlichen Fortschritt.
Der soziale Konstruktivismus sei zum Standardmodell des humanen
Selbstverständnisses geworden. Der Mensch ist friedfertig und
unverdorben - und wenn er es nicht ist, dann liegt das am falschen
Input: der falschen Erziehung, den falschen Schulen, der falschen
Gesellschaft, den Strukturen oder dem Patriarchat. Keiner ist von
Natur aus krimineller, begabter oder süchtiger als die anderen.
Zwischen ethnischen Gruppen, Geschlechtern und Individuen soll kein
Unterschied sein, zumindest kein in den Genen begründeter.
Dabei haben Untersuchungen von eineiigen Zwillingen, die nach der
Geburt getrennt wurden und trotzdem später bis in aberwitzige
Vorlieben hinein Übereinstimmungen aufwiesen, die Macht der
genetischen Prägung längst erwiesen. Aber davon wollen die Anhänger
des "unbeschriebenen Blattes" nichts hören, klagt Pinker. Als
Viktorianer unserer Zeit verdrängen sie die neuen Einsichten der
Biologie in die menschliche Natur.
Aber ist die "menschliche Natur" mehr als eine riskante Größe? Lässt
sie sich überhaupt dingfest machen? Sicher doch, meint Pinker. Die
menschliche Natur bestehe derzeit aus etwa 400 Begriffen. Am Ende des
Buches werden sie aufgezählt, in einer langen Liste der angeborenen
Universalien. Das Schönheitsempfinden, das moralische Verhalten, die
Sitten oder die Sprachlogik - all das und noch viel mehr hat demnach
eine weltweit gültige, kulturübergreifende Tiefenstruktur, bei allen
Differenzen an der Oberfläche. Darüber hinaus sind längst zahllose
weitere Einzelheiten bekannt: "Haben Sie hingegen die kürzere Variante
eines DNA-Abschnitts, der das Serotonintransporter-Gen auf Chromosom
17 abschaltet, ist es wahrscheinlich, dass Sie neurotisch oder
ängstlich sind." Wozu braucht es da noch eine Umwelt?
Nun ist Pinker kein soziobiologischer Polterer, dem die Gene alles und
die Umwelteinflüsse nichts sind. In seinem programmierten Bestseller,
für den er den bis dato höchsten Vorschuss der Sachbuchliteratur
einfuhr, geht es ihm letztlich um einen Kompromiss. Er will die
verbreitete Angst vor der Biologie nehmen und zeigen, dass sie
durchaus mit moralischen Standards zu vereinbaren ist. Weshalb dann
aber diese scharfe Gegenweltendebatte? Baut sich der Autor mit dem
"unbeschriebenen Blatt" einen Popanz auf? Gibt es heute überhaupt noch
Anhänger der reinen Lehre (oder Leere) vom "unbeschriebenen Blatt"?
Selbst wenn nicht: Pinker schreibt neuere Wissenschaftsgeschichte, und
hier kann über die enorme Wirkung des "unbeschriebenen Blatts" kein
Zweifel bestehen. Im 20. Jahrhundert lief es mit den Ideologien vom
neuen Menschen zu fürchterlicher Form auf. Pinker zitiert den
Massenmörder Mao mit zarten Worten, bei denen es einen zugleich
gruseln kann: "Ein unbeschriebenes Blatt Papier ist makellos, daher
kann man die schönsten Worte darauf schreiben ..."
Und dann gibt es im Kreis der sozial- und kulturwissenschaftlichen
Intelligenz auch heute noch viele, denen die Biologie ein rotes Tuch
ist. Gerade in den vergangenen Jahren haben die Theorien des sozialen
Konstruktivismus - etwa die Gender Studies - neuen Schwung genommen;
hier gilt jeder "Essentialismus" als Todsünde. Ausgiebig dokumentiert
Pinker die universitären und publizistischen Querelen um die
Biowissenschaft. Forscher wurden von Demonstranten in ihrer Arbeit
gehindert und denunziert - als Faschisten und "rechtsradikale
Propheten des Patriarchats". Dass die Nazis schlechte Biologen waren,
müssen die Wissenschaftler bis heute büßen. Pinker zeigt, wie die
Thesen von Edward O. Wilson und Richard Dawkins tendenziös entstellt
wurden. Wobei er auch den "Linksdarwinisten" Stephen Jay Gould nicht
von Kritik ausnimmt. Noch weniger allerdings die bibeltreuen
Kreationisten, denen die Evolutionstheorie und die Hirnforschung
Teufelszeug ist.
So entsteht der Eindruck einer von allen Seiten bedrängten Wahrheit.
Das mag zugespitzt erscheinen; die Argumentation gewinnt durch die
Gegenposition jedoch erheblich an Kontur und Spannung. Pinker findet
immer wieder Gegner, deren Standpunkten er mit Eleganz und gesundem
soziobiologischem Menschenverstand den Boden entzieht, von den
Ethnologen, die sich den "edlen Wilden" erträumten, bis hin zu jenen
Philosophen, die das menschliche Denken ganz und gar in die Sprache
verlagerten. Auch wenn es dabei manchmal etwas
verschwörungstheoretisch zugeht, das "unbeschriebene Blatt" gibt
dramaturgisch geschickt das Leitmotiv ab, dem alle Aspekte
untergeordnet werden können. So gelingt dem Autor ein
hochinteressanter und ungemein kenntnisreicher Schnitt durch die
Wissenslandschaft, bei dem man nur klüger werden kann.
Ausgiebig beschäftigt Pinker sich mit der Frage der Plastizität des
Gehirns. Neuere Forschungen haben eine geradezu spektakuläre
"Umwidmung von Hirngewebe" erwiesen: Die Funktion zerstörter
Hirnareale kann von anderen Teilen des Organs übernommen werden. Das
Gehirn scheint demnach keineswegs von Geburt an in den Einzelheiten
determiniert. Pinker beschreibt diese Flexibilität zunächst ausgiebig,
um sie dann doch wieder merkwürdig zu relativieren - wohl damit
niemand auf die Idee kommt, es könne sich doch wieder um eine Art
"Blatt" handeln: das Gehirn als Palimpsest, bei dem die alte Schrift
von einer neuen überdeckt wird. An diesem zentralen Punkt wirkt
Pinkers Argumentation dünn.
Im letzten und längsten Teil des Buches geht es um fünf "Tretminen" -
um die heiklen Themenfelder Politik, Gewalt, Geschlecht, Kinder und
Kunst. Mit Anmut balanciert Pinker hier manches heiße Eisen; und
naturgemäß tendiert der Biologe zum Konservatismus. Wenn
Gewaltbereitschaft, Ethnozentrismus, Nepotismus und anderer Egoismus
zum genetischen Betriebssystem des Menschen gehören, dann ist schlecht
Utopia bauen.
Den Feministinnen stimmt Pinker mit geschmeidiger Korrektheit zu,
sofern sie nicht jenem radikalen Flügel angehören, der
Geschlechtsverkehr prinzipiell für Vergewaltigung hält und die
Gesamtzahl aller Männer am liebsten auf zehn Prozent reduzieren
möchte. Er versichert, ihre berechtigten Anliegen stünden nicht im
Widerspruch mit biologischen Erkenntnissen. Selbst wenn: Den
naturalistischen Fehlschluss, die Verwechslung von Erklärung und
Rechtfertigung, will sich Pinker nicht zu Schulden kommen lassen. Dass
etwas wahr ist, heißt nicht, dass es wahr sein sollte. Dass die Natur
"gut" ist - diesen Glauben überlässt er Ökologen und Kräutersammlern.
Sie teilen ihn mit den Sozialdarwinisten. Pinker hält es lieber mit
Katherine Hepburn in "African Queen": "Wir sind auf dieser Welt, Mr
Allnut, um uns über die Natur zu erheben."
Steven Pinker: Das unbeschriebene Blatt. Die moderne Leugnung der
menschlichen Natur. Berlin Verlag, Berlin. 713 S., 29,80 EUR.
Fertig .
Und auch so einige unter euch halten fälschlicherweise den Menschen
für ein Silly Putt, eine formbare Knetmasse, die man nach beliebig
ändern kann, wie man es will. Doch dem ist nicht so. Steven Pinker ist
großartig mit seiner Brillianz und seinem Witz. Das Buch ist
wirklich...wow.
Er listet ungemein viele Philosophen und Sozialpsychologen oder
Gesellschaftskritiker mit ihren Zitaten auf, denen er dann der Reihe
nach mit wissenschaften Erkenntnissen den Boden unter den Füßen
wegzieht.
Er fängt bei John Locke an, macht bei Rousseau weiter über Margreth
Mead bis hin zu Hobbes oder den amerikanischen behavioristischen
Psychologen James D. Watson.
Hier lernt ihr auch gleich etwas über die Entwicklung der westlichen
Welt in der Vergangenheit und wie die Wissenschaft von Kommunisten,
Sozialisten, Marxisten, alle 3 zusammen sind eigentlich unter dem
begriff Egalitarismus bekannt, unterwandert wurde für die politischen
Machtzwecke mancher radikaler Gruppen, welche bedingt durch manche
Philosophen die menschliche Natur für ein unbeschriebenes Blatt
hielten.
Wenn in unserer Welt die individuelle Geneteik der Menschen anerkannt
wird, dann wird es keine gesellschaftlichen Utopien mehr geben, dafür
aber eine ehrlichere und menschenbezogenre und wohl auch
human-biologischere Politik.
Es geht nicht darum wie Menschen sein sollen. Das ist doch immer sehr
subjektiv. Es geht darum wie Menschen sind. Diese Erkenntnis bringt
uns weiter.
In unserer Gesellschaft existiert leider, weit verbreiteter als es gut
wäre, die Vorstellung, Menschen wären unbeschriebene leere Blätter,
auf die man beliebige Worte schreiben könne. Doch die Wissenschaft,
allen voran Steven Pinker, dessen Buch ich gerade lese, hat bewiesen,
dass überwiegend, nicht hauptsächlich, die individuelle Genetik dafür
verantwortlich ist, wie sich ein Mensch entwickelt, ob er
unmoralischer ist, ob er gläubig ist oder nicht. Einfach alles. Ich
kann dieses Buch nur jedem empfehlen, denn die menschliche Natur wird
in unserer heutigen Zeit gerne geleugnet obgleich sich manch einer
denken mag, dass doch wohl jeder wissen sollte, dass Umwelt und Natur
eine Korrelation eingehen. Leider jedoch überwiegt in Denkweisen und
Diskussionen trotzdessen man vorgibt, man würde beides
berücksichtigen, die extreme Position, im Grunde ist nur die Umwelt
dafür verantworltich wie wir sind und nicht unsere Gene. Und das ist
nicht wahr. Buchtipp: Steven Pinker - Das unbeschriebene Blatt. Die
moderne Leugnung der menschlichen Natur. Die Politik versucht uns
gleichzustampfen, weil sie von einem falschen Menschenbild ausgeht,
wir wären alle gleich und somit gleich beliebig formbar. Dieses
falsche Menschenbild führt zu falscher Politik. Steven Pinker ist der
Star unter den kognitiven Neurowissenschaftlern und ist Leiter im
Center for cognitive Neuroscience am Massachusetts Institute for
Technology. Das Buch ist brandneu und ein Bestseller bei dem man nur
klüger werden kann. Ich kann dieses Buch nur jedem empfehlen, der sich
für die wahre Natur des Menschen interessiert.
Hierzu habe ich einen Artikel aus der Zeitung: Die Welt >
http://www.welt.de/data/2004/01/03/217151.html?s=1
Oder aber auch so:
Artikel v. 03.01.2004 | Rubrik: Literarische Welt/Sachbücher
Da sind ganz furchtbar viel Gene drin
Steven Pinker leugnet die Leugnung der menschlichen Natur
von Wolfgang Schneider
Erbe oder Umwelt? Der alte Streit zwischen Biologisten und
Kulturalisten geht in die nächste Runde. Und was für eine Runde - 700
Seiten stark, ein Gefecht, in dem die Argumente-Kanonen donnern und
der Pulverdampf der Debattenkultur schwer über der Landschaft liegt.
Bald schon scheint der Sieg errungen, aber der Beschuss geht
unaufhörlich weiter, denn der Feind hat bisher noch alle Niederlagen
überstanden und seine Truppen immer wieder neu formiert. Diesmal aber
soll endgültig Schluss sein mit der "modernen Leugnung der
menschlichen Natur".
An der Kanone: Steven Pinker, Leiter des Zentrums für kognitive
Neurowissenschaften am Massachusetts Institute of Technology, nebenbei
ein brillanter Populärwissenschaftler. Das Angeborene ist Pinkers
Sache. Nichts erscheint ihm absurder als die Annahme, der menschliche
Geist könnte ein unbeschriebenes Blatt sein. Aber leider musste er
feststellen, dass ein großer Teil der akademischen Menschheit genau
diesem Glauben anhängt. Den englischen Aufklärungsphilosophen John
Locke macht Pinker als Stammvater der Irrlehre aus. Nichts ist im
Verstand, was nicht durch die Sinne, also die Erfahrung, dorthin kam -
mit diesem Diktum habe Locke einst den Empirismus vorangebracht, heute
behindere es den wissenschaftlichen Fortschritt.
Der soziale Konstruktivismus sei zum Standardmodell des humanen
Selbstverständnisses geworden. Der Mensch ist friedfertig und
unverdorben - und wenn er es nicht ist, dann liegt das am falschen
Input: der falschen Erziehung, den falschen Schulen, der falschen
Gesellschaft, den Strukturen oder dem Patriarchat. Keiner ist von
Natur aus krimineller, begabter oder süchtiger als die anderen.
Zwischen ethnischen Gruppen, Geschlechtern und Individuen soll kein
Unterschied sein, zumindest kein in den Genen begründeter.
Dabei haben Untersuchungen von eineiigen Zwillingen, die nach der
Geburt getrennt wurden und trotzdem später bis in aberwitzige
Vorlieben hinein Übereinstimmungen aufwiesen, die Macht der
genetischen Prägung längst erwiesen. Aber davon wollen die Anhänger
des "unbeschriebenen Blattes" nichts hören, klagt Pinker. Als
Viktorianer unserer Zeit verdrängen sie die neuen Einsichten der
Biologie in die menschliche Natur.
Aber ist die "menschliche Natur" mehr als eine riskante Größe? Lässt
sie sich überhaupt dingfest machen? Sicher doch, meint Pinker. Die
menschliche Natur bestehe derzeit aus etwa 400 Begriffen. Am Ende des
Buches werden sie aufgezählt, in einer langen Liste der angeborenen
Universalien. Das Schönheitsempfinden, das moralische Verhalten, die
Sitten oder die Sprachlogik - all das und noch viel mehr hat demnach
eine weltweit gültige, kulturübergreifende Tiefenstruktur, bei allen
Differenzen an der Oberfläche. Darüber hinaus sind längst zahllose
weitere Einzelheiten bekannt: "Haben Sie hingegen die kürzere Variante
eines DNA-Abschnitts, der das Serotonintransporter-Gen auf Chromosom
17 abschaltet, ist es wahrscheinlich, dass Sie neurotisch oder
ängstlich sind." Wozu braucht es da noch eine Umwelt?
Nun ist Pinker kein soziobiologischer Polterer, dem die Gene alles und
die Umwelteinflüsse nichts sind. In seinem programmierten Bestseller,
für den er den bis dato höchsten Vorschuss der Sachbuchliteratur
einfuhr, geht es ihm letztlich um einen Kompromiss. Er will die
verbreitete Angst vor der Biologie nehmen und zeigen, dass sie
durchaus mit moralischen Standards zu vereinbaren ist. Weshalb dann
aber diese scharfe Gegenweltendebatte? Baut sich der Autor mit dem
"unbeschriebenen Blatt" einen Popanz auf? Gibt es heute überhaupt noch
Anhänger der reinen Lehre (oder Leere) vom "unbeschriebenen Blatt"?
Selbst wenn nicht: Pinker schreibt neuere Wissenschaftsgeschichte, und
hier kann über die enorme Wirkung des "unbeschriebenen Blatts" kein
Zweifel bestehen. Im 20. Jahrhundert lief es mit den Ideologien vom
neuen Menschen zu fürchterlicher Form auf. Pinker zitiert den
Massenmörder Mao mit zarten Worten, bei denen es einen zugleich
gruseln kann: "Ein unbeschriebenes Blatt Papier ist makellos, daher
kann man die schönsten Worte darauf schreiben ..."
Und dann gibt es im Kreis der sozial- und kulturwissenschaftlichen
Intelligenz auch heute noch viele, denen die Biologie ein rotes Tuch
ist. Gerade in den vergangenen Jahren haben die Theorien des sozialen
Konstruktivismus - etwa die Gender Studies - neuen Schwung genommen;
hier gilt jeder "Essentialismus" als Todsünde. Ausgiebig dokumentiert
Pinker die universitären und publizistischen Querelen um die
Biowissenschaft. Forscher wurden von Demonstranten in ihrer Arbeit
gehindert und denunziert - als Faschisten und "rechtsradikale
Propheten des Patriarchats". Dass die Nazis schlechte Biologen waren,
müssen die Wissenschaftler bis heute büßen. Pinker zeigt, wie die
Thesen von Edward O. Wilson und Richard Dawkins tendenziös entstellt
wurden. Wobei er auch den "Linksdarwinisten" Stephen Jay Gould nicht
von Kritik ausnimmt. Noch weniger allerdings die bibeltreuen
Kreationisten, denen die Evolutionstheorie und die Hirnforschung
Teufelszeug ist.
So entsteht der Eindruck einer von allen Seiten bedrängten Wahrheit.
Das mag zugespitzt erscheinen; die Argumentation gewinnt durch die
Gegenposition jedoch erheblich an Kontur und Spannung. Pinker findet
immer wieder Gegner, deren Standpunkten er mit Eleganz und gesundem
soziobiologischem Menschenverstand den Boden entzieht, von den
Ethnologen, die sich den "edlen Wilden" erträumten, bis hin zu jenen
Philosophen, die das menschliche Denken ganz und gar in die Sprache
verlagerten. Auch wenn es dabei manchmal etwas
verschwörungstheoretisch zugeht, das "unbeschriebene Blatt" gibt
dramaturgisch geschickt das Leitmotiv ab, dem alle Aspekte
untergeordnet werden können. So gelingt dem Autor ein
hochinteressanter und ungemein kenntnisreicher Schnitt durch die
Wissenslandschaft, bei dem man nur klüger werden kann.
Ausgiebig beschäftigt Pinker sich mit der Frage der Plastizität des
Gehirns. Neuere Forschungen haben eine geradezu spektakuläre
"Umwidmung von Hirngewebe" erwiesen: Die Funktion zerstörter
Hirnareale kann von anderen Teilen des Organs übernommen werden. Das
Gehirn scheint demnach keineswegs von Geburt an in den Einzelheiten
determiniert. Pinker beschreibt diese Flexibilität zunächst ausgiebig,
um sie dann doch wieder merkwürdig zu relativieren - wohl damit
niemand auf die Idee kommt, es könne sich doch wieder um eine Art
"Blatt" handeln: das Gehirn als Palimpsest, bei dem die alte Schrift
von einer neuen überdeckt wird. An diesem zentralen Punkt wirkt
Pinkers Argumentation dünn.
Im letzten und längsten Teil des Buches geht es um fünf "Tretminen" -
um die heiklen Themenfelder Politik, Gewalt, Geschlecht, Kinder und
Kunst. Mit Anmut balanciert Pinker hier manches heiße Eisen; und
naturgemäß tendiert der Biologe zum Konservatismus. Wenn
Gewaltbereitschaft, Ethnozentrismus, Nepotismus und anderer Egoismus
zum genetischen Betriebssystem des Menschen gehören, dann ist schlecht
Utopia bauen.
Den Feministinnen stimmt Pinker mit geschmeidiger Korrektheit zu,
sofern sie nicht jenem radikalen Flügel angehören, der
Geschlechtsverkehr prinzipiell für Vergewaltigung hält und die
Gesamtzahl aller Männer am liebsten auf zehn Prozent reduzieren
möchte. Er versichert, ihre berechtigten Anliegen stünden nicht im
Widerspruch mit biologischen Erkenntnissen. Selbst wenn: Den
naturalistischen Fehlschluss, die Verwechslung von Erklärung und
Rechtfertigung, will sich Pinker nicht zu Schulden kommen lassen. Dass
etwas wahr ist, heißt nicht, dass es wahr sein sollte. Dass die Natur
"gut" ist - diesen Glauben überlässt er Ökologen und Kräutersammlern.
Sie teilen ihn mit den Sozialdarwinisten. Pinker hält es lieber mit
Katherine Hepburn in "African Queen": "Wir sind auf dieser Welt, Mr
Allnut, um uns über die Natur zu erheben."
Steven Pinker: Das unbeschriebene Blatt. Die moderne Leugnung der
menschlichen Natur. Berlin Verlag, Berlin. 713 S., 29,80 EUR.
Fertig .
Und auch so einige unter euch halten fälschlicherweise den Menschen
für ein Silly Putt, eine formbare Knetmasse, die man nach beliebig
ändern kann, wie man es will. Doch dem ist nicht so. Steven Pinker ist
großartig mit seiner Brillianz und seinem Witz. Das Buch ist
wirklich...wow.
Er listet ungemein viele Philosophen und Sozialpsychologen oder
Gesellschaftskritiker mit ihren Zitaten auf, denen er dann der Reihe
nach mit wissenschaften Erkenntnissen den Boden unter den Füßen
wegzieht.
Er fängt bei John Locke an, macht bei Rousseau weiter über Margreth
Mead bis hin zu Hobbes oder den amerikanischen behavioristischen
Psychologen James D. Watson.
Hier lernt ihr auch gleich etwas über die Entwicklung der westlichen
Welt in der Vergangenheit und wie die Wissenschaft von Kommunisten,
Sozialisten, Marxisten, alle 3 zusammen sind eigentlich unter dem
begriff Egalitarismus bekannt, unterwandert wurde für die politischen
Machtzwecke mancher radikaler Gruppen, welche bedingt durch manche
Philosophen die menschliche Natur für ein unbeschriebenes Blatt
hielten.
Wenn in unserer Welt die individuelle Geneteik der Menschen anerkannt
wird, dann wird es keine gesellschaftlichen Utopien mehr geben, dafür
aber eine ehrlichere und menschenbezogenre und wohl auch
human-biologischere Politik.
Es geht nicht darum wie Menschen sein sollen. Das ist doch immer sehr
subjektiv. Es geht darum wie Menschen sind. Diese Erkenntnis bringt
uns weiter.