Discussion:
Die Macht des Wortes "faul" ...
(zu alt für eine Antwort)
Otto Huber
2007-06-25 09:02:04 UTC
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Der Faulheit bezichtigt zu werden ist für viele erwachsene Menschen in
Deutschland eine der schlimmsten Beleidigungen.
Bezichtigt man einen Erwachsenen der Faulheit, kann man sehr starke
Emotionen hervorrufen. Viel stärkere als z. B. mit den Beleidigungen "Dieb",
"Mörder", "A...loch" usw. Woran liegt das? Die so "herausgeforderte" Person
versucht meist sofort einen Gegenbeweis zu erbringen, sei es durch
Rechtfertigung oder demonstrativen "Fleiß".
Wolfram Heinrich
2007-06-25 09:28:08 UTC
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Post by Otto Huber
Der Faulheit bezichtigt zu werden ist für viele erwachsene Menschen in
Deutschland eine der schlimmsten Beleidigungen.
Bezichtigt man einen Erwachsenen der Faulheit, kann man sehr starke
Emotionen hervorrufen. Viel stärkere als z. B. mit den Beleidigungen "Dieb",
"Mörder", "A...loch" usw. Woran liegt das?
Da bin ich jetzt echt zu faul, da ausführlich drauf zu antworten.

Ciao
Wolfram
--
Der Franze hat gsagt, in Deutschland ist man den Sommer nicht so gewöhnt.
Jedes Jahr, sagt er, erwischt ihn die Hitze kalt.
www.theodor-rieh.de, www.theodor-rieh.de/heinrich, www.brueckenbauer.it
Martin Kaffanke
2007-06-25 09:57:50 UTC
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Post by Wolfram Heinrich
Post by Otto Huber
Der Faulheit bezichtigt zu werden ist für viele erwachsene Menschen in
Deutschland eine der schlimmsten Beleidigungen.
Bezichtigt man einen Erwachsenen der Faulheit, kann man sehr starke
Emotionen hervorrufen. Viel stärkere als z. B. mit den Beleidigungen "Dieb",
"Mörder", "A...loch" usw. Woran liegt das?
Da bin ich jetzt echt zu faul, da ausführlich drauf zu antworten.
Also notieren wir: Wolfram ist faul.

SCNR,
Martin
Wolfram Heinrich
2007-06-25 11:26:05 UTC
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Post by Martin Kaffanke
Post by Wolfram Heinrich
Post by Otto Huber
Der Faulheit bezichtigt zu werden ist für viele erwachsene Menschen in
Deutschland eine der schlimmsten Beleidigungen.
Bezichtigt man einen Erwachsenen der Faulheit, kann man sehr starke
Emotionen hervorrufen. Viel stärkere als z. B. mit den Beleidigungen "Dieb",
"Mörder", "A...loch" usw. Woran liegt das?
Da bin ich jetzt echt zu faul, da ausführlich drauf zu antworten.
Also notieren wir: Wolfram ist faul.
Ja, ja. Anmerkung: Draußen weht der Scirocco, es hat 43 Grad im Schatten.
Im Arbeitszimmer kühle 33 Grad (Celsius). Dies dämpft Tatendrang.

Ciao
Wolfram
--
Was helfen Atteste der Unzurechnungsfähigkeit. Idioten erkennen sie nicht
an.
STANISLAW JERZY LEC
www.theodor-rieh.de, www.theodor-rieh.de/heinrich, www.brueckenbauer.it
Martin Kaffanke
2007-06-25 12:00:30 UTC
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Post by Wolfram Heinrich
Post by Martin Kaffanke
Post by Wolfram Heinrich
Post by Otto Huber
Der Faulheit bezichtigt zu werden ist für viele erwachsene Menschen in
Deutschland eine der schlimmsten Beleidigungen.
Bezichtigt man einen Erwachsenen der Faulheit, kann man sehr starke
Emotionen hervorrufen. Viel stärkere als z. B. mit den Beleidigungen "Dieb",
"Mörder", "A...loch" usw. Woran liegt das?
Da bin ich jetzt echt zu faul, da ausführlich drauf zu antworten.
Also notieren wir: Wolfram ist faul.
Ja, ja. Anmerkung: Draußen weht der Scirocco, es hat 43 Grad im Schatten.
Im Arbeitszimmer kühle 33 Grad (Celsius). Dies dämpft Tatendrang.
Oh und da haben wir dich genau dort wo der OP gemeint hat. Man muss es
zumindest rechtfertigen. Hätte eigentlich gehofft, dass du jetzt gegen
die These des OP antwortest, aber egal. :)

lg,
Martin
Wolfram Heinrich
2007-06-25 12:14:12 UTC
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Post by Martin Kaffanke
Post by Wolfram Heinrich
Post by Martin Kaffanke
Post by Wolfram Heinrich
Post by Otto Huber
Der Faulheit bezichtigt zu werden ist für viele erwachsene Menschen in
Deutschland eine der schlimmsten Beleidigungen.
Bezichtigt man einen Erwachsenen der Faulheit, kann man sehr starke
Emotionen hervorrufen. Viel stärkere als z. B. mit den Beleidigungen "Dieb",
"Mörder", "A...loch" usw. Woran liegt das?
Da bin ich jetzt echt zu faul, da ausführlich drauf zu antworten.
Also notieren wir: Wolfram ist faul.
Ja, ja. Anmerkung: Draußen weht der Scirocco, es hat 43 Grad im Schatten.
Im Arbeitszimmer kühle 33 Grad (Celsius). Dies dämpft Tatendrang.
Oh und da haben wir dich genau dort wo der OP gemeint hat. Man muss es
zumindest rechtfertigen.
Ich wollte mich weniger rechtfertigen, sondern ein bißchen
Mitleidstätscheln statt Spott. Schaluchz!

Ciao
Wolfram
--
Dieses Klo kann Hosen retten. Zerstört es nicht.
www.theodor-rieh.de, www.theodor-rieh.de/heinrich, www.brueckenbauer.it
Martin Kaffanke
2007-06-25 14:52:52 UTC
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Post by Wolfram Heinrich
Ich wollte mich weniger rechtfertigen, sondern ein bißchen
Mitleidstätscheln statt Spott. Schaluchz!
Oh, sorry. *tröst*.

lg,
Martin
Patrick
2007-06-25 10:00:32 UTC
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Post by Otto Huber
Der Faulheit bezichtigt zu werden ist für viele erwachsene Menschen in
Deutschland eine der schlimmsten Beleidigungen.
Bezichtigt man einen Erwachsenen der Faulheit, kann man sehr starke
Emotionen hervorrufen. Viel stärkere als z. B. mit den Beleidigungen
"Dieb", "Mörder", "A...loch" usw. Woran liegt das? Die so
"herausgeforderte" Person versucht meist sofort einen Gegenbeweis zu
erbringen, sei es durch Rechtfertigung oder demonstrativen "Fleiß".
das ist eine soziologische angelegenheit, wuerd ich meinen.
der sprichwoertliche "preussische" fleiss hat sich seit dem 19. Jhdt sehr
tief in die deutsche psyche festgesetzt.
fleiss und disziplin ist eine der etiketten, die deutschland von anderen
laendern gerne angehaengt bekommt, wenn man sie danach fragt, welche
charaktika man den deutschen zuschreiben koennte.

nicht fleissig zu sein, widerspricht einfach der gesellschaftlich
geforderten norm.
deshalb ist z.b. das prinzip des "sozialschmarotzers" gerade in deutschland
auch so ein rotes tuch.

der sinn des lebens ist arbeiten, so viel wie moeglich, sich einreihen in
die massen der angestellten und fabrikarbeiter. das ist die einzige
respektvolle beschaeftigung in deutschland. niemand geniesst mehr respekt,
als der 12-stunden arbeiter am fliessband oder der krankenhaus-doktor, der
sich selbst keine auszeit goennt.
man schaemt sich beinahe, urlaub zu beantragen oder gar nach ausgleich fuer
ueberstunden zu fragen.

als jugendlicher habe ich gerne meine zeit nach der schule auf dem
basketball-platz verbracht, was mein vater als nutzloses, unproduktives
"rumhaengen" verurteilte. ich haette doch meine zeit "besser nutzen"
koennen und er koenne es kaum erwarten, dass mein "lotter-leben" bald ein
ende haben wuerde, wenn ich in die erwachsenen-welt eintrete, also arbeite.

speziell die kriegs- und nachkriegs-generationen koennen sich meist nur
schwer vorstellen, dass man mit koerperlich wenig anstrengender arbeit
(akademiker, autoren, philosophen etc) ehrbares geld verdienen kann.
solche menschen werden oft mit missvertrauen beaeugt und man goennt ihnen
ihren finanziellen erfolg (wenn sie den haben) meist nicht wirklich.

einen vergleich zu anderen laendern, kann ich an dieser stelle leider nicht
fuehren. vielleicht hat da jemand beispiele.

gruss,
-patrick-
Otto Huber
2007-06-25 12:10:21 UTC
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Post by Patrick
Post by Otto Huber
Der Faulheit bezichtigt zu werden ist für viele erwachsene Menschen in
Deutschland eine der schlimmsten Beleidigungen.
Bezichtigt man einen Erwachsenen der Faulheit, kann man sehr starke
Emotionen hervorrufen. Viel stärkere als z. B. mit den Beleidigungen
"Dieb", "Mörder", "A...loch" usw. Woran liegt das? Die so
"herausgeforderte" Person versucht meist sofort einen Gegenbeweis zu
erbringen, sei es durch Rechtfertigung oder demonstrativen "Fleiß".
das ist eine soziologische angelegenheit, wuerd ich meinen.
der sprichwoertliche "preussische" fleiss hat sich seit dem 19. Jhdt sehr
tief in die deutsche psyche festgesetzt.
fleiss und disziplin ist eine der etiketten, die deutschland von anderen
laendern gerne angehaengt bekommt, wenn man sie danach fragt, welche
charaktika man den deutschen zuschreiben koennte.
nicht fleissig zu sein, widerspricht einfach der gesellschaftlich
geforderten norm.
deshalb ist z.b. das prinzip des "sozialschmarotzers" gerade in deutschland
auch so ein rotes tuch.
der sinn des lebens ist arbeiten, so viel wie moeglich, sich einreihen in
die massen der angestellten und fabrikarbeiter. das ist die einzige
respektvolle beschaeftigung in deutschland. niemand geniesst mehr respekt,
als der 12-stunden arbeiter am fliessband oder der krankenhaus-doktor, der
sich selbst keine auszeit goennt.
man schaemt sich beinahe, urlaub zu beantragen oder gar nach ausgleich fuer
ueberstunden zu fragen.
als jugendlicher habe ich gerne meine zeit nach der schule auf dem
basketball-platz verbracht, was mein vater als nutzloses, unproduktives
"rumhaengen" verurteilte. ich haette doch meine zeit "besser nutzen"
koennen und er koenne es kaum erwarten, dass mein "lotter-leben" bald ein
ende haben wuerde, wenn ich in die erwachsenen-welt eintrete, also arbeite.
speziell die kriegs- und nachkriegs-generationen koennen sich meist nur
schwer vorstellen, dass man mit koerperlich wenig anstrengender arbeit
(akademiker, autoren, philosophen etc) ehrbares geld verdienen kann.
solche menschen werden oft mit missvertrauen beaeugt und man goennt ihnen
ihren finanziellen erfolg (wenn sie den haben) meist nicht wirklich.
Schlimm an der ganzen Sache ist aber der sinnlose Aktionismus und die ganze
Heuchelei um das Thema Arbeit.
Arbeit muss SICHTBAR sein! Ganz wichtig! Sonst ist sie keine Arbeit.
Wer wirklich arbeitet muss griesgrämig dreinschauen. Er muss ständig seufzen
und ächzen, damit auch jeder merkt wie er sich kaputtschuftet. Natürlich
sehen das Kinder ständig und bekommen so gar keinen Bock auf seufzende und
ächzende Arbeit.
Treffen die Leute einen alten Bekannte auf der Straße, dann tun sie hektisch
und beschäftigt, auch wenn wirklich nichts zu tun ist. Nur nicht zugeben,
dass man Zeit übrig hat.
Wolfram Heinrich
2007-06-25 12:19:58 UTC
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Post by Otto Huber
Treffen die Leute einen alten Bekannte auf der Straße, dann tun sie hektisch
und beschäftigt, auch wenn wirklich nichts zu tun ist. Nur nicht zugeben,
dass man Zeit übrig hat.
Wenn du in Italien (oder sonstwo am Mittelmeer) durch die Gassen gehst,
siehst du oft den Ladeninhaber in der Tür stehen und die Passanten
beobachten; oder er sitzt vor dem Laden oder im gegenüberliegenden Cafè.
Dergleichen kannst du dir in Deutschland nicht erlauben (und wirst es auch
kaum beobachten). Wer müßig in der Tür steht, dessen Geschäft geht
offensichtlich nicht gut und in Geschäfte, die nicht gut gehen, geht man
ungern (denn das wird schon seinen Grund haben).

Ciao
Wolfram
--
Keinen Mann zu wollen ist sicherlich fast ebensogut wie einen zu haben, und
unendlich viel weniger anstrengend.
CELIA FREMLIN
www.theodor-rieh.de, www.theodor-rieh.de/heinrich, www.brueckenbauer.it
Patrick
2007-06-25 14:42:03 UTC
Permalink
Post by Wolfram Heinrich
Post by Otto Huber
Treffen die Leute einen alten Bekannte auf der Straße, dann tun sie
hektisch und beschäftigt, auch wenn wirklich nichts zu tun ist. Nur
nicht zugeben, dass man Zeit übrig hat.
Wenn du in Italien (oder sonstwo am Mittelmeer) durch die Gassen
gehst, siehst du oft den Ladeninhaber in der Tür stehen und die
Passanten beobachten; oder er sitzt vor dem Laden oder im
gegenüberliegenden Cafè. Dergleichen kannst du dir in Deutschland
nicht erlauben (und wirst es auch kaum beobachten). Wer müßig in der
Tür steht, dessen Geschäft geht offensichtlich nicht gut und in
Geschäfte, die nicht gut gehen, geht man ungern (denn das wird schon
seinen Grund haben).
alles gute punkte...

gerade italien scheint tatsaechlich eine voellig entgegengesetzte
arbeitskultur (wenn man das mal so nennen darf) zu zeigen.
die wichtigkeit der lebensqualitaet wird dort sehr viel hoeher
eingeschaetzt.
in deutschland bedeutet lebensqualitaet: den ganzen tag harte arbeit,
und am spaeten abend ihre fruechte geniessen.
uebertragen auf's leben heisst das: arbeite so viel und hart wie moeglich,
solange du noch kannst - und geniesse das resultat wenn du in rente in
gehst.
dass dieser satz so logisch und leicht verstaendlich fuer deutsche ist,
zeigt, wie fest internalisiert diese pervertierte lebens-philosophie
laengst ist.

wenn ich teilzeit arbeiten koennte, ohne gefahr zu laufen, meine taeglichen
ausgaben nicht mehr decken zu koennen, und dafuer mehr privatleben
bekomme - na wer will mir denn allen ernstes das moralische recht dazu
absprechen?
mein vater vielleicht... man koennte ja noch mehr geld machen, und den
lebensabend noch mehr sichern, wenn man dann trotzdem vollzeit arbeitet.

leider muessen die meisten von uns vollzeit arbeiten (also rund 80% der
wachen lebenszeit), um sich selbst und der familie ein halbwegs angenehmes
leben (das waeren dann die restlichen 20%) zu ermoeglichen.
es laeuft immer wieder auf die alte formel hinaus:
arbeiten um zu leben, oder andersrum?

gruss,
-p-
Karl Maxa
2007-06-25 20:57:32 UTC
Permalink
.......................
.........................
arbeiten um zu leben, oder andersrum?
gruss,
-p-
ich glaube, die getroffene "Wahl" (die für viele Betroffenen eigentlich oft
gar keine Wahl mehr war, sondern für den Einzelnen bereits ein Paradigma)
ist meist das Ergebnis frühkindlicher sozialer Prägung.
Ahnliches gilt meiner Meinung nach für die Beachtung von "ordentlich" und
ähnlicher "positiver" Einstellungen (möglicherweise vorwiegend im
deutschsprachigen Raum - und dort vorwiegend bei der älteren Generation
angesiedelter unreflektiert übernommener (eingebleuter) Gebote. Vielleicht
spielt in der Ausprägung der einverleibten Gebote auch das Nord - Süd
Gefälle eine Rolle. Obwohl es auch fleissige und ordentliche österreichische
"Vorbilder" gibt (wir Ösis werden ja eher als lax kolportiert, einstens
"Kamerad Schnürschuh" )).
Gruß Karl
Caryl
2007-06-26 04:03:14 UTC
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Hi Patrik
es ist tasächlich kulturell bedingt.
In Spanien etwa heisst es sprichwörtlich: Nur Dummköpfe arbeiten.
"Gute Berufe" sind übrigens in den meisten Ländern white collar jobs.
Dreck unter den Fingernägeln heisst meist, nicht klug genug gewesen zu
sein, ins Gymnasium und auf die Hochschule zu gehen. Gleich Minuspunkte
bei potentiellen Partnerinnen. Gleich weniger Status und Respekt seitens
der andern Männer.
Dass die Kinder es "einmal besser haben" sollen als die Eltern, läuft
meist darauf hinaus, sie studieren zu lassen - oder dass sie zumindest
nicht im Kohlepott, in einer Giesserei oder auf einer Baustelle malochen
müssen. Das überlässt man gern Immigranten. Deren Kinder es aber dann
auch besser haben sollen...was neue Immigranten erfordert, deren Kinder
es aber ... etc. ad infinitum oder zumindest bis Brave New World
Tatsache wird.
Cheers
Caryl
PS
Gelegentliche Ironie, falls sicht selbst gemerkt.
Und cheers heisst auch nicht viel anderes als tschüss, um auf dein
letztes Posting noch zu antworten. ;-)
Post by Patrick
Post by Otto Huber
Der Faulheit bezichtigt zu werden ist für viele erwachsene Menschen in
Deutschland eine der schlimmsten Beleidigungen.
Bezichtigt man einen Erwachsenen der Faulheit, kann man sehr starke
Emotionen hervorrufen. Viel stärkere als z. B. mit den Beleidigungen
"Dieb", "Mörder", "A...loch" usw. Woran liegt das? Die so
"herausgeforderte" Person versucht meist sofort einen Gegenbeweis zu
erbringen, sei es durch Rechtfertigung oder demonstrativen "Fleiß".
das ist eine soziologische angelegenheit, wuerd ich meinen.
der sprichwoertliche "preussische" fleiss hat sich seit dem 19. Jhdt sehr
tief in die deutsche psyche festgesetzt.
fleiss und disziplin ist eine der etiketten, die deutschland von anderen
laendern gerne angehaengt bekommt, wenn man sie danach fragt, welche
charaktika man den deutschen zuschreiben koennte.
nicht fleissig zu sein, widerspricht einfach der gesellschaftlich
geforderten norm.
deshalb ist z.b. das prinzip des "sozialschmarotzers" gerade in deutschland
auch so ein rotes tuch.
der sinn des lebens ist arbeiten, so viel wie moeglich, sich einreihen in
die massen der angestellten und fabrikarbeiter. das ist die einzige
respektvolle beschaeftigung in deutschland. niemand geniesst mehr respekt,
als der 12-stunden arbeiter am fliessband oder der krankenhaus-doktor, der
sich selbst keine auszeit goennt.
man schaemt sich beinahe, urlaub zu beantragen oder gar nach ausgleich fuer
ueberstunden zu fragen.
als jugendlicher habe ich gerne meine zeit nach der schule auf dem
basketball-platz verbracht, was mein vater als nutzloses, unproduktives
"rumhaengen" verurteilte. ich haette doch meine zeit "besser nutzen"
koennen und er koenne es kaum erwarten, dass mein "lotter-leben" bald ein
ende haben wuerde, wenn ich in die erwachsenen-welt eintrete, also arbeite.
speziell die kriegs- und nachkriegs-generationen koennen sich meist nur
schwer vorstellen, dass man mit koerperlich wenig anstrengender arbeit
(akademiker, autoren, philosophen etc) ehrbares geld verdienen kann.
solche menschen werden oft mit missvertrauen beaeugt und man goennt ihnen
ihren finanziellen erfolg (wenn sie den haben) meist nicht wirklich.
einen vergleich zu anderen laendern, kann ich an dieser stelle leider nicht
fuehren. vielleicht hat da jemand beispiele.
gruss,
-patrick-
Patrick
2007-06-26 08:48:02 UTC
Permalink
Post by Caryl
Hi Patrik
es ist tasächlich kulturell bedingt.
In Spanien etwa heisst es sprichwörtlich: Nur Dummköpfe arbeiten.
"Gute Berufe" sind übrigens in den meisten Ländern white collar jobs.
Dreck unter den Fingernägeln heisst meist, nicht klug genug gewesen zu
sein, ins Gymnasium und auf die Hochschule zu gehen. Gleich
Minuspunkte bei potentiellen Partnerinnen. Gleich weniger Status und
Respekt seitens der andern Männer.
Dass die Kinder es "einmal besser haben" sollen als die Eltern, läuft
meist darauf hinaus, sie studieren zu lassen - oder dass sie zumindest
nicht im Kohlepott, in einer Giesserei oder auf einer Baustelle
malochen müssen. Das überlässt man gern Immigranten. Deren Kinder es
aber dann auch besser haben sollen...was neue Immigranten erfordert,
deren Kinder es aber ... etc. ad infinitum oder zumindest bis Brave
New World Tatsache wird.
inwieweit die brave new world was mit immigranten zu tun hat, weiss ich
jetzt nicht. aber es stimmt, dass "baustellen" arbeiter bei frauen weniger
gut ankommen, als studierte. das wiederum ruehrt aber von dem bedeurfnis
der frau her, sich einen erfolgreichen partner zu angeln, der die familie
(im moderneren jaeger und sammler sinne) besser ernaehren (oder mit
luxusguetern versorgen) kann als zb. ein fliesenleger.
das kan man verurteilen oder auch nicht. es ist naturbedingt wie die
natuerliche polygamie der maenner.
aber der unterschied liegt wieder in der generation. das spiel frau-mann,
partnersuche etc spielt sich in der regel innerhalb einer generation ab.
die gegenseitige akzeptanz besteht im rahmen der "erfolgs"-regeln innerhalb
dieser generation.
die eltern dieses potentiellen paerchens beurteilen den erfolg der
juengeren generation aber nach anderen massstaeben.
wenn der schwiegersohn bereits reich ist, ist das natuerlich mehr als in
ordnung. wenn er aber erst am anfang dieses weges steht, und seine karriere
nicht klar definiert ist (studiert noch, oder geht einem bisher unbekannten
beruf nach), ist ablehnung sehr viel wahrscheinlicher.

der erwartungshaltung der aelteren generation ist immer noch stark von den
erfolgsvorstellungen ihrer eigenen generation abhaengig.
wenn ihre tochter einen verlobten nach hause bringt, ist die wichtigste
frage, womit der eigentlich die tochter ernaehren will.
bringt der sohn seine verlobt mit zu seinen eltern, stehen die hausfrauen-
qualitaeten im mittelpunkt.
beides natuerlich heutzutage nicht mehr so offen und geradeheraus wie das
eine generation frueher noch der fall war.

wenn also die aelteren generationen immernoch gesellschaftliche
erwartungshaltungen aus dem 19. jahrhundert einnehmen (und das ist in
deutschland der fall, und anderen traditionell eingestellten laendern wie
china, japan, griechenland etc), ist es leicht zu sehen, woher bei uns
jedenfalls die einstellung zur arbeit kommt.
aber ich glaube, ich schweife schon wieder ab...
Post by Caryl
Cheers
Caryl
PS
Gelegentliche Ironie, falls sicht selbst gemerkt.
Und cheers heisst auch nicht viel anderes als tschüss, um auf dein
letztes Posting noch zu antworten. ;-)
die englaender benutzen es aber noch viel oefter in situation wo wir
"danke" nehmen wuerden,
und so kriegst du das jedes mal um die ohren geschleudert, wenn du jemanden
die tuer auf haelst, jemandem das salz reichst, oder einfach nur ein paket
annimmst.
anfangs fuehlte ich mich wie tagelang auf ner silvesterparty...
aber man muss sich ja an lokale geflogenheiten gewoehnen.

-p-
Post by Caryl
Post by Patrick
Post by Otto Huber
Der Faulheit bezichtigt zu werden ist für viele erwachsene Menschen
in Deutschland eine der schlimmsten Beleidigungen.
Bezichtigt man einen Erwachsenen der Faulheit, kann man sehr starke
Emotionen hervorrufen. Viel stärkere als z. B. mit den Beleidigungen
"Dieb", "Mörder", "A...loch" usw. Woran liegt das? Die so
"herausgeforderte" Person versucht meist sofort einen Gegenbeweis
zu erbringen, sei es durch Rechtfertigung oder demonstrativen
"Fleiß".
das ist eine soziologische angelegenheit, wuerd ich meinen.
der sprichwoertliche "preussische" fleiss hat sich seit dem 19. Jhdt
sehr tief in die deutsche psyche festgesetzt.
fleiss und disziplin ist eine der etiketten, die deutschland von
anderen laendern gerne angehaengt bekommt, wenn man sie danach fragt,
welche charaktika man den deutschen zuschreiben koennte.
nicht fleissig zu sein, widerspricht einfach der gesellschaftlich
geforderten norm.
deshalb ist z.b. das prinzip des "sozialschmarotzers" gerade in
deutschland auch so ein rotes tuch.
der sinn des lebens ist arbeiten, so viel wie moeglich, sich
einreihen in die massen der angestellten und fabrikarbeiter. das ist
die einzige respektvolle beschaeftigung in deutschland. niemand
geniesst mehr respekt, als der 12-stunden arbeiter am fliessband oder
der krankenhaus-doktor, der sich selbst keine auszeit goennt.
man schaemt sich beinahe, urlaub zu beantragen oder gar nach
ausgleich fuer ueberstunden zu fragen.
als jugendlicher habe ich gerne meine zeit nach der schule auf dem
basketball-platz verbracht, was mein vater als nutzloses,
unproduktives "rumhaengen" verurteilte. ich haette doch meine zeit
"besser nutzen" koennen und er koenne es kaum erwarten, dass mein
"lotter-leben" bald ein ende haben wuerde, wenn ich in die
erwachsenen-welt eintrete, also arbeite.
speziell die kriegs- und nachkriegs-generationen koennen sich meist
nur schwer vorstellen, dass man mit koerperlich wenig anstrengender
arbeit (akademiker, autoren, philosophen etc) ehrbares geld verdienen
kann. solche menschen werden oft mit missvertrauen beaeugt und man
goennt ihnen ihren finanziellen erfolg (wenn sie den haben) meist
nicht wirklich.
einen vergleich zu anderen laendern, kann ich an dieser stelle leider
nicht fuehren. vielleicht hat da jemand beispiele.
gruss,
-patrick-
Otto Huber
2007-06-26 09:27:38 UTC
Permalink
Post by Patrick
Post by Caryl
Hi Patrik
es ist tasächlich kulturell bedingt.
In Spanien etwa heisst es sprichwörtlich: Nur Dummköpfe arbeiten.
"Gute Berufe" sind übrigens in den meisten Ländern white collar jobs.
Dreck unter den Fingernägeln heisst meist, nicht klug genug gewesen zu
sein, ins Gymnasium und auf die Hochschule zu gehen. Gleich
Minuspunkte bei potentiellen Partnerinnen. Gleich weniger Status und
Respekt seitens der andern Männer.
Dass die Kinder es "einmal besser haben" sollen als die Eltern, läuft
meist darauf hinaus, sie studieren zu lassen - oder dass sie zumindest
nicht im Kohlepott, in einer Giesserei oder auf einer Baustelle
malochen müssen. Das überlässt man gern Immigranten. Deren Kinder es
aber dann auch besser haben sollen...was neue Immigranten erfordert,
deren Kinder es aber ... etc. ad infinitum oder zumindest bis Brave
New World Tatsache wird.
inwieweit die brave new world was mit immigranten zu tun hat, weiss ich
jetzt nicht. aber es stimmt, dass "baustellen" arbeiter bei frauen weniger
gut ankommen, als studierte. das wiederum ruehrt aber von dem bedeurfnis
der frau her, sich einen erfolgreichen partner zu angeln, der die familie
(im moderneren jaeger und sammler sinne) besser ernaehren (oder mit
luxusguetern versorgen) kann als zb. ein fliesenleger.
Sowas nennt man dann den Provider ... (oder Deppen ;))
Das Kuckucksei kann dann aber doch noch von einem "fleißigen" Handwerker ins
Nest gelegt werden ... ;)
Manche Frauen sind halt extrem pervers ...
Caryl
2007-06-26 17:57:29 UTC
Permalink
Post by Patrick
Post by Caryl
Hi Patrik
Dass die Kinder es "einmal besser haben" sollen als die Eltern, läuft
meist darauf hinaus, sie studieren zu lassen - oder dass sie zumindest
nicht im Kohlepott, in einer Giesserei oder auf einer Baustelle
malochen müssen. Das überlässt man gern Immigranten. Deren Kinder es
aber dann auch besser haben sollen...was neue Immigranten erfordert,
deren Kinder es aber ... etc. ad infinitum oder zumindest bis Brave
New World Tatsache wird.
inwieweit die brave new world was mit immigranten zu tun hat, weiss ich
jetzt nicht.
Weil dann die Menschen als Inländer-Epsilons gezüchtet und geklont
werden natürlich - und da brauchts keine Immigranten mehr.
Post by Patrick
aber es stimmt, dass "baustellen" arbeiter bei frauen weniger gut ankommen, als studierte.
Nicht in allen Bereichen, möchte ich doch klarstellen;-)
Und nur so lange, bis sie merken, dass sie ausser Titel, Immobilie und
sonstiger Wichtigtuerei nichts gewonnen haben.
Post by Patrick
das wiederum ruehrt aber von dem bedeurfnis der frau her, sich einen erfolgreichen partner zu angeln, der die familie
(im moderneren jaeger und sammler sinne) besser ernaehren (oder mit
luxusguetern versorgen) kann als zb. ein fliesenleger.
Da hast du vermutlich in dem Sinne Recht, dass bei wohl den meisten
Frauen die Versorgung der Brut (!)ein wichtiger Punkt
ist. Aber wenn das mal geregelt ist (Scheidung, Alimente, Abfindung, das
Haus, bis die Kinder draussen sind...etc.), ist sie frei, sich den Mann
zu suchen, der auch mal Fliesen legen kann. Oder mit den Kindern
Flugzeuge bastelt. Zum Beispiel.
Post by Patrick
das kan man verurteilen oder auch nicht.
Wieso sollte man (mann?) das verurteilen???

es ist naturbedingt wie die
Post by Patrick
natuerliche polygamie der maenner.
Ich bin jetzt versucht zu fragen, woher du das mit der natürlichen
Polygamie der _Männer_ hast...Denk dran: sci.!

War n kleiner Scherz. Du kennst bestimmt auch Frauen, die sich einen
verkrachten Künstler, einen erfolglosen Musiker oder einen "Massai"
geangelt haben, der bezüglich Ernährung nciht viel hergibt.
(sci.-Untersuchungen patschen da stets
daneben - vermutlich gibts im Wahlverhalten der Frauen noch Kriterien
sich schlecht belegen lassen - und Voraussagen schon gar nicht zulassen.
Zitat Freud: "Was will das Weib?" ---->"The Unanswered Question")
Post by Patrick
aber der unterschied liegt wieder in der generation. das spiel frau-mann,
partnersuche etc spielt sich in der regel innerhalb einer generation ab.
die gegenseitige akzeptanz besteht im rahmen der "erfolgs"-regeln innerhalb
dieser generation.
Was soll das heissen? das ist mir zu wirr.
Post by Patrick
die eltern dieses potentiellen paerchens beurteilen den erfolg der
juengeren generation aber nach anderen massstaeben.
wenn der schwiegersohn bereits reich ist, ist das natuerlich mehr als in
ordnung. wenn er aber erst am anfang dieses weges steht, und seine karriere
nicht klar definiert ist (studiert noch, oder geht einem bisher unbekannten
beruf nach), ist ablehnung sehr viel wahrscheinlicher.
Ablehnung durch wen? Durch die Schwiegereltern in spe? Als ob uns das
heute noch kümmerte! Nicht mal Königshäusern gelingt es, ihren Nachwuchs
standesgemäss zu verheiraten.
Post by Patrick
der erwartungshaltung der aelteren generation ist immer noch stark von den
erfolgsvorstellungen ihrer eigenen generation abhaengig.
wenn ihre tochter einen verlobten nach hause bringt, ist die wichtigste
frage, womit der eigentlich die tochter ernaehren will.
bringt der sohn seine verlobt mit zu seinen eltern, stehen die hausfrauen-
qualitaeten im mittelpunkt.
Hausfrauliche Qualitäten? Ich habe dich jünger geschätzt...
Post by Patrick
beides natuerlich heutzutage nicht mehr so offen und geradeheraus wie das
eine generation frueher noch der fall war.
wenn also die aelteren generationen immernoch gesellschaftliche
erwartungshaltungen aus dem 19. jahrhundert einnehmen (und das ist in
deutschland der fall, und anderen traditionell eingestellten laendern wie
china, japan, griechenland etc), ist es leicht zu sehen, woher bei uns
jedenfalls die einstellung zur arbeit kommt.
aber ich glaube, ich schweife schon wieder ab...
Macht nichts, hab den Ab-Schweif mal stehen lassen - und:
Cheers
Caryl
Post by Patrick
die englaender benutzen es aber noch viel oefter in situation wo wir
"danke" nehmen wuerden,
Ja und? Was dagegen? ist doch nur ein guter Wunsch - cheer up, love!
Post by Patrick
und so kriegst du das jedes mal um die ohren geschleudert, wenn du jemanden
die tuer auf haelst, jemandem das salz reichst, oder einfach nur ein paket
annimmst.
anfangs fuehlte ich mich wie tagelang auf ner silvesterparty...
aber man muss sich ja an lokale geflogenheiten gewoehnen.
muss "man"?
Post by Patrick
-p-
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